Glosse/Analyse Höchst rassistisch – die bildungspolitische Sprecherin der AfD

Andreas Ellinger
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Von Andreas Ellinger
| 31.10.2024 13:32 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Nicole Höchst, bildungspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, im Bundestag. Archivfoto: Christoph Soeder/dpa
Nicole Höchst, bildungspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, im Bundestag. Archivfoto: Christoph Soeder/dpa
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Nicole Höchst war Lehrerin im Staatsdienst, ehe sie als Bundestagsabgeordnete zu einer Art Rassenlehrerin der AfD avancierte. Die Bildungspolitikerin sieht den IQ von „Biodeutschen“ in Gefahr.

Berlin - Die AfD-Politikerin Nicole Höchst hinkt der Zeit hinterher – ideologisch rund 90 Jahre, seuchenmäßig mögen es nur um die drei Jahre herum sein.

Auf ihrer Internetseite „hoechst-politisch“ kündigt sie ihre neuerliche Kandidatur für den Bundestag an. Sie ist bildungspolitische Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion. Was steht in der Rubrik „Bildung“ bei ihr ganz oben auf der Agenda – am 30. Oktober 2024? Corona-Maßnahmen.

Höchst fragwürdig: Bei der AfD gehören Abschiebungen zur Schulpolitik

„Durch Corona besteht quasi kein Präsenzunterricht mehr“, beklagt Höchst aktuell: „Eltern erleiden Doppelbelastung durch Arbeit und ausfallende Schule.“ Das liegt inzwischen Jahre zurück. Frei nach dem Motto: Vorwärts nimmer, rückwärts immer.

Die AfD hat schulpolitisch einen Plan: „Wir wollen Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel konsequent abschieben – das ist richtig – und für temporär Bleibeberechtigte Anreize setzen, in das jeweilige Heimatland zurückzukehren“, erklärte die Abgeordnete Höchst am 23. Februar 2024 im Bundestag. „Das entlastet das Schulsystem zum Wohle aller Beteiligten.“

Höchst überraschend: Will sich die AfD klimapolitisch profilieren?

In der ersten Pisa-Studie – Pisa-Studien sind Schulleistungsuntersuchungen – seien „die schlechtesten Ergebnisse dort zu finden“ gewesen, „wo die meisten Schüler mit Migrationshintergrund ansäßig waren“, sagte Nicole Höchst in einem „Interview“ von „AfD-Fraktions-TV“, das die „AfD-Fraktion Bundestag“ am 8. Dezember 2023 auf dem Internet-Portal „Youtube“ veröffentlicht hat.

Die AfD-Bildungspolitikerin Nicole Höchst im "Interview" mit "AfD-Fraktions-TV". Quelle: AfD-Fraktion Bundestag/Youtube ; Screenshot vom 30.10.2024
Die AfD-Bildungspolitikerin Nicole Höchst im "Interview" mit "AfD-Fraktions-TV". Quelle: AfD-Fraktion Bundestag/Youtube ; Screenshot vom 30.10.2024

Im Gespräch mit AfD-Reporterin Rebecca Seidler, die aus dem niedersächsischen AfD-Landesverband kommt, „schaut“ die Bundestagsabgeordnete „auf genetische Unterschiede“, wie sie sagt: „Es gibt beispielsweise nach Klimazonen unterschiedliche Durchschnitts-IQs auf der Welt.“ Ist das noch AfD-Bildungspolitik oder schon AfD-Klimapolitik? Man weiß es nicht.

Höchst vorteilhaft: AfD-Politikerin muss keinen Einbürgerungstest machen

Man weiß aber, dass IQ als Abkürzung für Intelligenz-Quotient steht und es im Plural Intelligenz-Quotienten sind, die daher ebenfalls mit IQ abgekürzt werden – also ohne „s“, sonst wären es „Intelligenz-Quotients“. Aber damit genug der german(ist)ischen Schädelspaltereien. Höchst vorteilhaft könnte es für die AfD-Politikerin sein, dass sie als Deutsche geboren wurde, so dass ihre Einbürgerung nicht an einem Sprachtest scheitern konnte.

Bezüglich des angeblich klimazonenabhängigen Durchschnitts-IQ gibt es laut der Nicole Höchst „Studien, die man auch nachlesen kann“. Sie flicht allerdings vorsichtshalber ein, dass sie nicht „behaupte, dass das die Wahrheit ist“. Aber sie spielt es „gedanklich einmal durch“ – „gesetzt den Fall, das ist so“: Dann „haben wir hier einen Zuwachs an Leuten, die aus Klimazonen kommen, die einen deutlich geringeren Durchschnitts-IQ aufweisen wie die Leute, die hier – wie Frau Merkel das sagte – schon länger wohnen“.

Höchst fremdenfeindlich: Intelligenz soll von der Herkunft abhängen

Das könnten „wir in Deutschland mit unseren pädagogischen Möglichkeiten und mit dem, was wir wissen, sicherlich in den Griff bekommen könnten, wenn man denn das thematisieren wollte und sich der These mal öffnen würde“, meint die AfD-Rassefrau. „Dann könnte man Probleme lösen und Lösungen für diese Kinder finden, die mit ganz anderen Baustellen kämpfen, als die Kinder, die hier verortet sind.“

Der IQ werde vererbt – so „eine zweite These“ der ehemaligen Englisch-Lehrerin, die sich hier fachfremd in Biologie versucht . Trotzdem könne der IQ „steigen und fallen im Zuge einer Förderung oder Vernachlässigung“. Höchst subtil: „Das gäbe einem Schulsystem recht, was sich eingesteht, dass die genetischen Voraussetzungen der Intelligenz bei unterschiedlichen Schülern unterschiedlicher Herkunft eben unterschiedlich sind.“

Höchst besorgniserregend: Rassistin mit staatlichem Erziehungsauftrag

Die ausgebildete Fremdsprachenlehrerin macht sich im Stile einer Rassenlehrerin um „die deutschen Schüler“ sorgen, die angeblich „seit Jahren nicht gefördert werden“. Denn innerhalb von zwei Generationen könne zwar ein „Zuwachs an Durchschnitts-IQ“ erzielt werden – „oder man könnte eben IQ-Punkte verlieren, wenn man nicht gefördert wird“. In zwei Generationen werde „zu sehen sein, ob wir unter den in Anführungszeichen Biodeutschen dann überhaupt noch den IQ haben, den wir jetzt aufweisen“, meint Nicole Höchst und merkt an: „Ich spreche immer vom Durchschnitt.“ Die AfD-Bildungspolitikerin fürchtet, dass IQ-Punkte verlorengehen: „Ich finde das dramatisch.“

Demokraten mögen es als dramatisch empfinden, dass Nicole Höchst vor ihrer Zeit im Bundestag nicht nur als Leherin auf Schüler*innen losgelassen wurde, sondern sogar als Referentin am Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz Unterricht entwickeln sollte: „Seit 2010 leitet sie dort die Beratergruppe für Unterrichtsentwicklung in den Fremdsprachen Englisch und Französisch“, informierte die Behörde des Bildungsministeriums Rheinland-Pfalz im Jahr 2015. Eine Behörde, die Schulen „bei der Wahrnehmung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages“ und „bei ihrer pädagogischen Weiterentwicklung“ unterstützen und beraten soll.

Höchst polemisch: „Kanak“ als „Eroberersprache“ in Kitas und Schulen

Im Bundestag ätzte Nicole Höchst am 11. Oktober 2024 einmal mehr gegen Ausländerkinder: „Die Eroberersprache ist bereits erkennbar in Kindertagesstätten und Schulklassen zunächst Kanak, aber vielerorts bereits Arabisch und Türkisch.“

Bereits am 13. Dezember 2023 giftete sie am Rednerpult des Parlaments: „Ohne Migrationswende keine Bildungswende, meine Damen und Herren! Sie können die Nichtleister nicht mehr in den Regelschulklassen verstecken, auch nicht hinter einer verschenkten deutschen Staatsbürgerschaft.“

Die AfD-Bundestagsfraktion hat diese Rede ihrer bildungspolitischen Sprecherin Nicole Höchst vom 11. Oktober 2024 auf dem Internet-Portal "Youtube" veröffentlicht. Quelle: AfD-Fraktion Bundestag/Youtube ; Screenshot vom 30.10.2024
Die AfD-Bundestagsfraktion hat diese Rede ihrer bildungspolitischen Sprecherin Nicole Höchst vom 11. Oktober 2024 auf dem Internet-Portal "Youtube" veröffentlicht. Quelle: AfD-Fraktion Bundestag/Youtube ; Screenshot vom 30.10.2024

Dass es eine Rassistin wie Nicole Höchst in den staatlichen Schuldienst schaffen kann, dürfte mit dazu geführt haben, dass rund 80 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur bei Wahlen in Deutschland feststellbar ist: Die Demokratie-Bildung an den Schulen ist in einem demokratiegefährdenden Ausmaß gescheitert. Auch der Thüringer AfD-Führer Björn Höcke war früher Lehrer – sogar Geschichtslehrer.

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