Bundesgerichtshof Schaden in der Waschanlage - Autofahrer gewinnt am BGH
Vor mehr als drei Jahren geht in einer Waschanlage ein Auto kaputt. Der Fahrer klagt sich durch die Instanzen - und fährt schließlich einen Sieg am BGH ein. Das hat nicht nur für ihn Auswirkungen.
Ein Autofahrer fährt mit seinem Wagen in die Waschanlage. Er stellt das Auto ab, steigt aus und startet den Waschvorgang. Plötzlich knackt es und der Heckspoiler fällt ihm vor die Füße. Der Mann verklagt den Betreiber der Anlage auf Schadenersatz. Was folgt, ist ein jahrelanger Rechtsstreit - der für ihn glücklich endet. Am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bekommt er in dritter und letzter Instanz Recht.
Nach der Entscheidung des BGH müssen Autowaschanlagen grundsätzlich dafür haften, wenn ein Fahrzeug während einer Wäsche beschädigt wird. Ausschlaggebend dafür ist den Richterinnen und Richtern in Karlsruhe zufolge, dass das Auto serienmäßig und ordnungsgemäß ausgestattet ist. Es darf also zum Beispiel nicht getunt oder vorher schon beschädigt sein. Wenn eine Waschanlage konstruktionsbedingt nicht zu einem marktgängigen Fahrzeug passe, trage dieses Risiko nicht der Fahrer, sondern der Anlagenbetreiber. (Az. VII ZR 39/24)
Auto war serienmäßig ausgestattet
Der in Karlsruhe verhandelte Fall sei gerade deshalb so interessant, weil feststehe, dass sowohl der Wagen als auch die Waschanlage zuvor in ordnungsgemäßen Zustand waren, hatte der Vorsitzende Richter, Rüdiger Pamp, bei der mündlichen Verhandlung Ende Oktober betont. Der am Ende des Dachs angebrachte Spoiler gehörte zur serienmäßigen Ausstattung des Autos. Durch das Abreißen des Spoilers war auch das Fahrzeugheck beschädigt worden.
Autofahrer Bernard Storm verklagte den Betreiber der Anlage im Tecklenburger Land daraufhin auf Schadenersatz in Höhe von mehr als 3.200 Euro. Die Vorinstanzen waren sich in der Sache uneinig. Zunächst hatte das Amtsgericht Ibbenbüren den Betreiber der Autowaschanlage antragsgemäß verurteilt. Auf dessen Berufung hin wies das Landgericht Münster die Klage jedoch ab. Dagegen legte der Kläger aus dem nordrhein-westfälischen Rheine Revision ein - der Fall landete am höchsten deutschen Zivilgericht.
Tankstelle verletzte ihre Schutzpflicht
Das Karlsruher Gericht gab Storm nun recht und stellte das Urteil des Amtsgerichts wieder her. Die beklagte Tankstelle, die die Waschanlage betreibt, muss ihm den geforderten Schadenersatz in voller Höhe zahlen. Die Anlage war demnach zwar in einem ordnungsgemäßen Zustand, aber schlicht nicht für das Auto des Klägers geeignet. Dafür muss die Tankstelle nach Ansicht des Siebten Zivilsenats haften.
Für Kläger Storm hat sich der jahrelange Rechtsstreit am Ende gelohnt. „Ich glaube, es war ein richtungsweisendes Urteil. Es gibt viele tausend Menschen jährlich in Deutschland, die von ähnlichen Schäden betroffen sind. Deswegen war es das wert“, sagte der Kläger. „Ich bin natürlich erleichtert, dass ich gewonnen habe.“
Anlagenbetreiber müssen nach Ansicht der Karlsruher Richterinnen und Richter ihrer Schutzpflicht nachkommen, Fahrzeuge beim Waschvorgang vor Schäden zu bewahren. Der Betreiber habe es in der Hand, bestimmte Fahrzeugmodelle von der Benutzung seiner Anlage auszuschließen. Kunden sei es hingegen oft nicht möglich, vor der Wäsche zu beurteilen, ob ihr Auto mit der Anlage kompatibel ist. Deshalb müssten sie berechtigt darauf vertrauen können, dass ihr Fahrzeug unbeschädigt aus der Waschanlage kommt, sagte Richter Pamp.
„Erhebliche Folgen“ für die Branche
„Dieses Urteil hat natürlich für die Branche insgesamt ganz erhebliche Folgen“, sagt Hans-Joachim Rühlemann vom Verband des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost. Die Versicherungsunternehmen der Betreiber könnten infolge des Urteils die Beiträge erhöhen. Letztlich würden die zusätzlichen Kosten über Preiserhöhungen beim Kunden landen.
Das BGH-Urteil erhöhe die Anforderungen an die Betreiber von Waschstraßen und Waschanlagen, kommentierte der Geschäftsführer des Bundesverbands Freier Tankstellen, Stephan Zieger. „Betreiber müssen mehr als bisher der Fahrzeugausstattung Aufmerksamkeit widmen, damit Schäden zulasten des Kunden vermieden werden können.“
Trotz seiner negativen Erfahrung ist Kläger Storm nicht auf die Handwäsche umgestiegen. „Direkt nach dem Schaden bin ich mit dem gleichen Wagen in eine ganz ähnliche Waschstraße wieder eingefahren“, sagt der Kläger. „Und auch seitdem habe ich mehrere meiner Autos immer wieder in Waschstraßen gewaschen.“