Rhauderfehn, Idafehn und Leer Von Kerze zu Kerze – hier bekommt man das Friedenslicht
Pfadfinder holen das Licht aus Bethlehem. Von Wien aus gelangt es bis in die kleinsten Dörfer. Dafür nehmen die Helfer einiges auf sich.
Rhauderfehn/Ostrhauderfehn/Leer - Vor mehr als 30 Jahren brachte ihr Sohn von den Pfadfindern das erste Friedenslicht mit nach Hause. Heute hilft Angela Block selbst, es in die Welt zu tragen: „Wie in den vergangenen beiden Jahren möchte ich es wieder im Seniorentreff in Rhauderfehn verteilen.“ Block ist im Vorstand des Seniorenbeirats der Gemeinde. Zusammen mit Angelika Zach und weiteren Mitstreitern steht sie am Mittwoch, 18. Dezember 2024, von 15 bis 17 Uhr im Treff an der 1. Südwieke 4 in Rhauderfehn bereit, um das Friedenslicht aus Bethlehem an Interessierte weiterzugeben.
„Alle, die möchten, können an diesem Nachmittag zu uns kommen und sich das Licht holen“, sagt Block. Einige original Friedenslichter im bedruckten Becher habe sie für jeweils zwei Euro zu verkaufen. Die hat sie im Vorfeld bei der Gruppe Friedenslicht aus Bethlehem geordert. „Am besten ist es aber, wenn Interessenten eine Kerze, eine Laterne oder ein großes Glas, alternativ auch eine Öllampe, mitbringen. So bekommt man das Licht auch sicher nach Hause“, so Block.
Ein Licht in schwierigen Zeiten
Wer möchte, kann beim Abholen des Lichtes auch Tee und Waffeln im Seniorentreffpunkt genießen. „In diesen schwierigen Zeiten ist ein Symbol des Friedens sehr wichtig“, sagt Angela Block. Das findet auch Angelika Zach: „So kommt dem Friedenslicht in diesem Jahr vielleicht besondere Bedeutung zu“, findet sie und hofft auf einen guten Zulauf an diesem Nachmittag.
Das Friedenslicht, an dem die Besucher ihre Kerzen entzünden können, holt Angela Block aus Leer – aus der Lutherkirche, wo es bis nach Weihnachten für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Dass es dort stehen kann, ist dem Pfadfinderstamm Wildgänse in Leer zu verdanken.
Wildgänse aus Leer fahren nach Wien
Eine paar Wildgänse machen sich jedes Jahr zur ökumenischen Aussendungsfeier auf, die dieses mal vom 13. bis 15. Dezember 2024 in Wien stattfindet. Beim Friedenslicht aus Bethlehem handelt es sich nämlich um eine Aktion, die der Österreichische Rundfunk (ORF) 1986 initiiert hat: Ein Licht aus Bethlehem soll als Botschafter des Friedens durch die Länder reisen und die Geburt Jesu verkünden. Jedes Jahr entzündet seitdem ein Kind aus Österreich in der Geburtsgrotte Jesu in Bethlehem das Friedenslicht und bringt es nach Österreich. Von dort aus wird es von internationalen Pfadfinder-Delegationen durch ganz Europa und in viele Länder der Welt getragen. Deutschland ist seit 1993 dabei.
Zur Delegation aus Leer gehören neben drei jugendlichen Wildgänsen der Collinghorster Grundschulleiter Timo Dogs und Heike Eiter. Sie hat das Friedenslicht jahrelang beim Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e. V. Deutschland mitorganisiert. „Bei den Wildgänsen bin ich seit mehr als 30 Jahren in das Thema involviert“, erzählt sie.
In der Bahn kommt das Licht nach Leer
Sie, Timo Dogs und drei junge Leute – 16,17,18 Jahre alt – fahren mit dem Nachtzug nach Wien. Am Freitag, 13. Dezember, gebe es eine Anfangsrunde. „Wir schlafen im Gemeindesaal: alle 150 Delegationsmitglieder aus Deutschland“, erzählt Eiter. In der Votivkirche werde am Sonnabend der Aussendegottesdienst mit mehr als 1000 Leuten abgehalten. „Sie kommen aus ganz Europa, aus Amerika, der Ukraine. Es waren auch schon mal Pfadfinder aus Chile dort.“
Am Sonntag bringen die Leeraner das Licht nach Ostfriesland. Das ist gar nicht so einfach: „In der Bahn gelten strenge Vorschriften. Wir haben eine Dose Pommesöl mit Sand gefüllt, in deren Inneren steht eine verschließbare Laterne mit einer richtigen Kerze. Der Deckel der Dose ist durchlöchert, damit die Flamme Sauerstoff bekommt.“ In einem Jahr habe die Bahnpolizei die Pfadfinder von Hannover bis nach Leer „verfolgt“, erinnert sich Heike Eiter.
Am besten eigene Kerze mitbringen
Die Wildgänse gehen am 15. Dezember vom Bahnhof direkt auf den Weihnachtsmarkt an der Waage. Dort, auf der Bühne, wird das Licht ab 17.30 Uhr verteilt. „Das ist immer sehr schön. Wir haben geladene Gäste wie Bürgermeister, und Landrat, das Sanitätsbataillon, viele Vereine und Organisationen.“
Danach wird das Licht in die Lutherkirche gebracht, wo es bis nach Weihnachten aufgestellt ist. Wer möchte, kann auch dann noch eine eigene Kerze an dem Licht entzünden.
Das Motto des diesjährigen Friedenlichtes lautet „Vielfalt Leben - Zukunft gestalten“. Das Licht sei „Zeichen für Freundschaft, Gemeinschaft und Verständigung aller Völker. Dies ist gerade auch an den Orten wichtig, wo Jesus einst lebte und lehrte“, heißt es auf der Friedenslicht-Homepage. „Mit dem Entzünden und Weitergeben des Friedenslichtes erinnern wir uns an die weihnachtliche Botschaft und an unseren Auftrag, den Frieden unter den Menschen zu verwirklichen.“
Idafehner bringen es ins Sonnenhaus
Nicht ganz so weit wie die Leeraner fahren die Pfadfinder vom Stamm Tjalken aus Idafehn. Sie holen ihr Friedenlicht am 3. Advent aus Oldenburg, erzählt Sandra Seemann. „Dort findet auch ein Aussendungsgottesdienst statt.“ Am Montag danach, am 16. Dezember, tragen die Wölflinge das Licht ins Sonnenhaus Idafehn. Wölflinge sind die sechs- bis zehnjährigen Pfadfinder. „Außerdem verteilen wir das Friedenslicht an Heiligabend im Gottesdienst in der Friedenkirche in Idafehn an die Besucher. Die Pfadfinder gestalten das Krippenspiel und in dem Rahmen wird das Licht weitergegeben“, so Sandra Seemann. Die 34-Jährige ist seit sie sechs war bei den Pfadfindern. „Schon damals wurde das Friedenslicht hier verteilt“, erinnert sie sich.
Auch in St. Bernhard und St. Bonifatius
Seit vielen Jahren ist das Licht ab dem Montag nach dem dritten Advent auch in den katholischen Kirchen St. Bernhard in Flachsmeer und in St. Bonifatius in Rhauderfehn aufgestellt und man kann es in einer mitgebrachten Laterne mit nach Hause nehmen. „Am Heiligabend in den Krippenfeiern wird auch noch einmal extra darauf hingewiesen und es wird an die Familien verteilt“, sagt Gemeindereferentin Ruth Denkler.
Angela Block aus Rhauderfehn freut sich über die schöne Tradition: „Das ist von den Pfadfindern eine besondere Leistung, das alles zu organisieren und so dafür zu sorgen, dass das Friedenslicht bis in die kleinsten Dörfer kommt.“