Das besondere Rezept Rohe Fleischeslust: Oma Idafehn und das Fondue an Heiligabend
Wenn Großmütter zu ungeduldig sind, profitiert am Ende womöglich der Enkel. Eine ganz persönliche Erinnerung an ein Weihnachtsfest in Kindertagen.
Leer - Kaum ein Fest ist so mit Familientraditionen behaftet wie Weihnachten. Schon beim Tannenbaum gehen die Meinungen weit auseinander. Bei den einen steht das Nadelgehölz bereits Anfang Dezember im Wohnzimmer. Oft aber wird der Baum erst am heiligen Tag aufgestellt. Einige schmücken mit der ganzen Familie, woanders gilt diese Prozedur als geheime Kommandosache. Für Kinder ist das Wohnzimmer Bannmeile. Elektrisches Licht oder Honigwachskerzen? Viel Lametta oder niemals Lametta? Wer seine ganz persönlichen weihnachtlichen Kindheitserinnerungen aus dem Unterbewusstsein hervorkramt, der wird hoffentlich lächeln.
Um eine ganz besondere Erinnerung geht es auch in der heutigen Fest-Folge der Serie „Das besondere Rezept“, womit der Tannenbaum nun thematisch fehl am Platze ist und zur Seite geräumt wird. Was kommt am Heiligabend auf den Tisch? Und wird vor der Bescherung gegessen oder hinterher? Frage zwei ist in diesem Fall nicht relevant.
Opulent geht es in vielen Familien zu: Ohne Puter geht gar nichts. Bedeutet: Stundenlanger Einsatz in der Küche ersetzt die besinnliche Vorfreude. Der Klassiker mit Kartoffelsalat und Würstchen ist deshalb vielerorts favorisiert. Kaum Vorbereitungszeit. Stattdessen können auf den letzten Drücker noch Geschenke eingepackt werden. Oder der Besuch des Gottesdienstes ist möglich, ohne dass der Vogel in der Bratröhre überknuspert. Wobei: Heute ist ja alles Smarthome. Da senkt man zur Not mit dem Handy die Ofentemperatur ab, während man auf der hölzernen Bank sitzt und ebenso laut und eindrucksvoll wie die Orgel klingt: „Oh du Fröhliche!“
Ein Zwischending ist das klassische Fondue. Dazu bedarf es einiger Dips, die idealerweise natürlich selbst zubereitet werden. Baguettes, oder auch Salzkartoffeln, warmes Gemüse, Salat - und das Fleisch (Rind- und/oder Schweinefleisch) hat der Metzger des Vertrauens bereits entsprechend kleingeschnitten (Gulaschgröße). Mama hatte also tatsächlich keinen Stress in der Küche, der kleine Uwe hätte sich durchaus mehr Aktivität erwünscht, dann wäre der Nachmittag bis zum heiligen Abend schneller vorbeigegangen. Der Wunsch aber ging nicht in Erfüllung. Das Warten aber hat sich am Ende gelohnt: es gab wieder Lego.
Zurück zum Fondue: Alle zwei Jahre war Oma Luise, die Mama von Papa, Heiligabend da. Oma Luise hieß natürlich nicht Oma Luise, sondern Oma Idafehn. Eine Frau voller Tatkraft, voller Energie. Voller Liebe für die Familie. Oma Idafehn hatte nur eine Schwäche: Geduld. Und so wurde das Fondue für sie letztlich zu einem Martyrium. Das Öl war heiß, aber auch ein kleines Stückchen Fleisch braucht ein bisschen Zeit, bis es gebraten und gar ist. Oma Idafehn hatte diese Zeit nicht. Sie hatte nämlich Hunger.
Und so verfolgte der kleine Uwe ein beeindruckendes Schauspiel. „Mama, Du musst den Spieß länger im Topf lassen, das Fleisch ist doch gar nicht durch“, sagte mein Papa. „Doch. Geht schon“, erwiderte seine Mutter, um mit enormen Kraftaufwand und dem Einsatz aller dritten Zähne das Filet im Mund zu zerstückeln.
Haftcreme hatte offenbar schon vor mehr als einem halben Jahrhundert eine außergewöhnliche Qualität. Im weiteren Verlauf des Heiligabends entwickelte Oma Idafehn eine rohe Fleischeslust. Ein Stückchen Schwein auf den Spieß, kurz ins Öl tauchen, einmal raus, kucken, noch mal rein. Raus. Nach etwa 15 solcher „Bade-Einheiten“ verzichtete meine Super-Oma auf jegliche Bratvorgänge. Sie zerkleinerte die gulaschgroßen Fleischwürfel und steckte sie sich roh in den Mund. Der kleine Uwe strahlte: Er bekam den Spieß von Oma Idafehn und konnte fortan doppelt braten.
Das klassische Fondue
Welches Fleisch? Empfehlenswert ist auf jeden Fall mageres Fleisch. Es eignen sich vor allem Filetstücke von Rind, Schwein und/oder Geflügel.
Was gibt es dazu? Salate, Dips, Saucen und knuspriges Brot sind Klassiker. Aber auch Gemüse kann als Beilage serviert werden - entweder roh, oder auch als zusätzliche „Bratware“: Feste Gemüsesorten wie Paprika, Champignons oder Zwiebeln lassen sich auch im Fondue-Topf einfach garen.
Womit braten? Verwendet werden sollten ausschließlich hoch erhitzbare Pflanzenöle wie Sonnenblumenöl oder raffiniertes Rapsöl. Als Alternativen bieten sich Butterschmalz oder spezielle Frittierfette an. Butter, Margarine und kaltgepresste Öle wie Olivenöl sind dagegen ungeeignet für den Fondue-Einsatz, sie vertragen nämlich keine hohen Temperaturen.
Wie lange brutzeln? Die Bratzeit ist in erster Linie natürlich davon abhängig, wie groß die Fleischstücke sind. Ein perfektes Maß sind gulaschgroße Würfel. Das Fleisch ist etwa nach einer Minute komplett durchgebraten („well done“). 45 Sekunden braucht es für „medium“, dann hat das Fleisch in der Mitte noch eine leicht rosa Färbung). Alles darunter entspricht dem Stadium „rare“ oder „englisch“ - auf Deutsch: „blutig“. Und dann gibt es noch die „Variante Oma Idafehn: Roh“.
Außerdem geht doch Liebe durch den Magen - und davon sei Ihnen allen an dieser Stellen eine ganz besonders große Portion gewünscht!
Zu Weihnachten kommt natürlich auch ein Wunsch der Redaktion: Lassen Sie uns gerne teilhaben an Ihren Küchen- und Genießergeschichten! Servieren Sie ihre persönliche Anekdote per E-Mail an: u.prins@zgo.de