Rote Ente bis Rocker-Lupo Die ersten Autos unserer Redakteure
Geliebt oder gehasst – das erste Auto bleibt unvergessen. Oft kein Traumwagen, aber die Erinnerungen daran sind meist gut. Wir haben die ersten Autos unserer Redakteure unter die Lupe genommen.
Ostfriesland - Freiheit auf vier Rädern. Endlich unabhängig, ohne ständig nach einer Mitfahrgelegenheit fragen zu müssen. Besonders in Ostfriesland, wo kaum Busse fahren und Züge erst recht nicht, ist das Auto für viele unverzichtbar. Wir haben in der Redaktion nach ihren ersten fahrbaren Begleitern gefragt und sind dabei auf einige Schätze gestoßen.
Deike Terhorst, Volontärin
Als ich im Dezember 2013 endlich meinen Führerschein machte (in der Theorie war ich nicht ganz so fit) und auch die Fahrstunden meiner nur geringfügig jüngeren Schwester in absehbare Nähe rückten, kamen meine Eltern ins Grübeln. Unser Familienauto würde für vier Fahrer auf Dauer nicht reichen. Schon gar nicht, wenn man in Herbrum wohnt. Oder am „Arsch der Welt“, wie die beste Freundin meiner Mutter stets sagt. Ironisch, wohnt sie doch selbst in Brinkum.
So wurde ich im Jahr darauf stolze Besitzerin eines schwarzen Volkswagen Lupo von 2003. Mit seinen schnuckeligen 50 PS fühlte man sich bei Tempo 100, als würde man gleich abheben. Dafür war der Dreitürer ein norddeutsches Original, denn das Autoradio zeigte aus irgendeinem Grund regelmäßig „Jasses“ an. Da zudem zwei EMP-Pommesgabeln auf der Heckscheibe klebten, war mein Flitzer auch über die Grenzen von Herbrum hinaus als „Rocker-Lupo“ bekannt.
Vor sechs Jahren mussten mein fahrbarer Untersatz und ich uns leider voneinander verabschieden, weil ich das Ding bei überfrierender Nässe zuerst gegen einen 7,5-Tonner und dann in einen Vorgarten gesemmelt habe. Meiner Schwester und mir ist zum Glück nichts passiert, leichte Gehirnerschütterungen, Nasenbluten und ein paar Schrammen waren alles. Glück im Unglück bei so einem Unfall. Davon hatte mein geliebter Lupo leider keines – Totalschaden, er ist direkt am nächsten Tag in die Schrottpresse gewandert. Bis heute bin ich überzeugt, dass er uns mit seinem letzten Atemzug das Leben gerettet hat.
Vera Vogt, Redakteurin
Mein erstes Auto war ein schwarzer Corsa B. Er hatte einige Jahre und Kilometer auf dem Buckel, als ich ihn kaufte. Dennoch brachte er mich tapfer, wohin ich wollte. Nur im Sommer bekamen wir ein Problem. Dem Auto wurde zu warm. Fuhr man schneller als 50 kletterte die Temperatur – Kühlflüssigkeit zum Trotz. Schließlich ging der Wagen eines Tages bei einer Fahrt über die Bundesstraße einfach aus. Um das Erlebnis nicht noch einmal zu haben, fuhr ich fortan bei 30 Grad mit der Heizung auf voller Power durch die Gegend, um etwas Hitze abzuleiten. So litten wir also beide unter den Temperaturen. Das schweißt zusammen.
Lars Löschen, Volontär
Ich bin in einer BMW-Familie in Aurich groß geworden und vor allem meine Mutter wollte keinen anderen Marken auf dem Hof stehen sehen. Nachdem ich etwa ein Jahr begleitetes Fahren hinter mich gebracht hatte, konnte ich mich mit frischen 18 Jahren nach einem eigenen Auto umschauen. Mein Erster war ein 318er BMW e46 aus dem Jahr 1999. 2019 habe ich ihn gekauft.
Ein kleiner Autohandel in Moordorf hat mich an diesem Tag extrem glücklich gemacht. Der Vorbesitzer hatte den Wagen schon ordentlich aufgemotzt: Sportauspufff, Alu-Felgen, einen Subwoofer für den Bass... Ich wusste direkt, als ich die ersten Meter zur Probe damit gefahren bin: „Das Auto will ich!“ Von da an war ich fünf Jahre in meinem Freundeskreis für mein lautes Gefährt bekannt. Dann machte vor allem die Technik Probleme – so sehr, dass ich sehr viel Geld in die Hand hätte nehmen müssen, um den TÜV zu überzeugen. Ein komisches Gefühl war es, als ich das letzte Mal mit meinem Auto fuhr und es bei einem Autohandel in Leer abstellte.
Karin Lüppen, Reporterin
Mein erstes Auto gehörte meinen Eltern, aber für mich ist es trotzdem irgendwie meines gewesen. Es war ein oranger Renault 4 – lackiert mit RAL 2000, die Farbe der Fahrzeuge bei der Straßenmeisterei. Bestes Auto von Welt! Mich grüßten freundlich tausend Leute, die meinen Vater am Steuer vermuteten. Es hatte 32 PS, verbrauchte fünf Liter Normalbenzin auf 100 Kilometer. Wo gibt es das heute noch?
Das orange Wunder fand immer einen freien Parkplatz bei Meta direkt vor der Tür, darum wurde ich oft beneidet. Als es einmal üppig geschneit hatte, rollte der Renault auf seinen hohen 155er-Reifen unbeeindruckt weiter, vorbei an den BMW und Opel Ascona B, die mit ihrem Heckantrieb auf dem Dörper Weg liegengeblieben waren. Ich habe zwar kein Foto von dem Auto (Selfies waren noch nicht erfunden), aber eine ständige Erinnerung: Das Auto hatte das Kennzeichen NOR JK-32. Als mir vor ein paar Jahren die Nummernschilder gestohlen wurde, ließ ich mir als Wunschkennzeichen LER JK-32 geben – obwohl ich jetzt einen BMW mit Heckantrieb habe.
Ostfriesland liegt in Sachen Autos über dem Bundesdurchschnitt
Gerade in Ostfriesland, wo die Anbindungen zum öffentlichen Nahverkehr schwierig ist und Einkaufsmöglichkeiten häufig weit entfernt liegen, hat das Auto einen hohen Stellenwert. Das zeigt sich auch in der Pkw-Dichte. Einer Grafik des Deutschlandatlasses zufolge kommen im Landkreis Leer auf 1000 Einwohner rund 617 Autos, in Aurich sogar 628. Bundesweit kommen hingegen nur 580 Autos auf 1000 Einwohner.
Klaus Ortgies, Fotograf
Mein erstes Auto habe ich nicht einmal selbst ausgesucht. Vaddern ist zum örtlichen VW-Händler marschiert und hat für 800 DM ein Auto mit zwei Jahren TÜV erstanden. Die Freundin holte mich mit dem Boliden vom Bahnhof ab. Sie saß in einem grünen VW Käfer 1300, Baujahr 1968. Stramme 34 PS ließen ihn über die Landstraße fliegen.
Zuverlässig? Klar, das war er. Genauso zuverlässig hatte das Auto aber auch Probleme, wenn es mal bergauf ging. An den Dammer Bergen kurz vor Osnabrück fiel die Tachonadel, während die LKW im Rückspiegel immer größer wurden. Aber aufgegeben hat der Käfer nie, auch wenn er vollbeladen war.
Ach ja: Studienrat Knörz aus „Die Lümmel von der ersten Bank“ hatte auch so einen. Lehrer wollte ich trotzdem nie werden.
Carmen Leonhard, stellvertretende Chefredakteurin
Mein erstes Auto war eine rote Ente. Sie hatte schon einige Jahre auf dem Buckel, aber nur wenige Kilometer auf dem Tacho. Die vorherigen Besitzer waren gut mit ihr umgegangen: keine Beulen oder Kratzer im Lack, kein Rost, keine Flecken auf dem Sitz, alles picobello. Mein Traumauto!
Unvergessen die Nacht, in der meine Schwester und ich auf dem Rückweg von einem Konzert zwei Anhalter mitgenommen haben. Kurz nachdem die ausgestiegen waren, blockierte der Wagen. Mitten im Nirgendwo. Es ging nicht mehr richtig voran. Irgendwas war da los an der Hinterachse. Wie sich herausstellte, hatte einer der Typen beim Aussteigen wohl aus Versehen den Beckengurt mit rausgezogen. Der hatte sich da irgendwie verfangen und verwickelt. Aber kein Problem, einfach abwickeln und weiterfahren. Die Ente war hart im Nehmen.
Wie viel sie gekostet hat, weiß ich nicht mehr. Wohl aber, wie teuer der letzte Werkstattbesuch war: 800 Mark habe ich reingesteckt. Für eine Studentin verdammt viel Geld. „Damit kriege ich den Wagen hundertprozentig durch den TÜV“, hatte mir der Meister versprochen. Fleitjepiepen! Das Bodenblech war total durchgerostet, man konnte mit dem Finger so durchpieksen, und auch sonst hatte der Prüfer einiges zu beanstanden. Der Zustand des Wagens, von unten betrachtet, war so marode, dass sich unsere Wege zwangsweise trennten. Ein wirklich trauriger Abschied.