Geldpolitik EZB hält Kurs: Leitzinsen sinken erneut
Schlecht für Sparer, gut für Schuldner: Die EZB senkt abermals die Zinsen, weitere Schritte nach unten dürften folgen. Doch der Kurs der Notenbank ist ungewisser geworden - auch wegen Trump.
Die fünfte Zinssenkung im Euroraum seit Sommer 2024 ist beschlossen - und es dürfte nicht die letzte sein: Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt den für Banken und Sparer wichtigen Einlagensatz um 0,25 Prozentpunkte auf 2,75 Prozent herab. Niedrigere Zinsen helfen der schwächelnden Konjunktur im Euroraum.
Volkswirte erwarten, dass die Notenbank den Einlagenzins bis zum Sommer auf 2,0 Prozent senken wird. Denn Handelskonflikte mit den USA könnten die schwache Wirtschaft im Euroraum, die im vierten Quartal 2024 stagnierte, zusätzlich unter Druck setzen. Allerdings könnten die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle zugleich die Inflation anheizen, die die Euro-Währungshüter mittelfristig bei 2,0 Prozent halten wollen.
„Wir haben noch keine Diskussion über den Punkt geführt, an dem wir aufhören müssen“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt auf die Frage nach weiteren Zinssenkungen. Der Rückgang der Inflation sei auf gutem Weg.
Hausbauer profitieren, aber weniger Zinsen für Sparer
Die erneute Senkung der Leitzinsen - die vierte in Serie - hat Folgen für Sparer: Bekommen Geschäftsbanken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder, senken sie die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kundschaft. Die Zinsen für bundesweit verfügbare zweijährige Festgelder fielen Ende Januar auf im Schnitt 2,24 Prozent, wie eine Analyse des Vergleichsportals Verivox zeigt. Das sei der tiefste Stand seit zwei Jahren. Auch die Tagesgeldzinsen sanken demnach: auf im Mittel 1,56 Prozent bei bundesweit aktiven Banken.
Die EZB senkt nicht nur den Einlagenzins, sondern auch den Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können: von 3,15 auf 2,9 Prozent. Niedrigere Leitzinsen stützen die Wirtschaft. Kredite etwa für Hausbauer und Unternehmen werden tendenziell erschwinglicher.
Furcht vor hohen Zöllen - Risiko Trump
Ökonomen hatten mit der erneuten Zinssenkung der EZB gerechnet. Da die große Teuerungswelle im Euroraum vorbei ist, hat die Notenbank mehr Spielraum. Zudem macht ihr die schwache Konjunktur Sorgen. Für dieses Jahr sagt die Notenbank nur 1,1 Prozent Wirtschaftswachstum im Währungsraum der 20 Staaten voraus und für 2026 ein Plus von 1,4 Prozent.
„Die Zinssenkung um 25 Basispunkte schafft kurzfristig etwas Luft, aber sie kann die strukturellen Probleme in Europa nicht lösen“, mahnt Ulrich Reuter, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV). „Ohne gezielte Reformen für nachhaltiges Wachstum verpufft ihre Wirkung.“
Ein Risiko für Konjunktur und Inflation ist Trumps Drohung, hohe Zölle auf die Importe aus Europa einzuführen. Die EU könnte mit Gegenmaßnahmen reagieren. Besonders betroffen von einem Handelskonflikt wäre wohl die Exportnation Deutschland.
Inflation sollte im Jahresverlauf wieder sinken
Bereits im Dezember stiegen die Verbraucherpreise sowohl in Deutschland als auch im Euroraum insgesamt wieder deutlich stärker. Die Inflationsrate im Euroraum erreichte mit 2,4 Prozent den höchsten Wert seit Juli 2024. EZB-Präsidentin Lagarde ist aber zuversichtlich, dass die Inflation im Verlauf dieses Jahres das Zwei-Prozent-Ziel erreichen wird.
Wie weit geht die EZB noch runter?
Im Euroraum laute die Frage nicht, „ob die EZB die Zinsen in diesem Jahr noch weiter senkt, sondern um wie viel“, schreibt Ulrich Kater, Chefvolkswirt bei der Dekabank. „Zwei oder drei Schritte sind noch drin, dann werden sich Zinsen und Inflation wieder vollständig beruhigt haben.“
Anders als die EZB hat die US-Notenbank Fed bereits die Handbremse gezogen: Bei ihrer ersten Sitzung nach Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus beließ sie am Mittwoch ihren Leitzins in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht auch im Euroraum Argumente für ein Abwarten: „So hat sich die Inflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel deutlich oberhalb des EZB-Ziels von zwei Prozent festgesetzt.“ Außerdem legten die Löhne nach wie vor kräftig zu.
Von ihrem Rekordhoch bei 10,7 Prozent im Herbst 2022 ist die Inflation im Euroraum inzwischen weit entfernt - auch, weil sich die EZB mit dem stärksten Zinsanstieg seit 25 Jahren dagegenstemmte. Im Juli 2022 endete die jahrelange Null- und Negativzinspolitik, zehnmal schraubte die EZB die Zinsen nach oben. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und die Inflation dämpfen kann. Im Juni 2024 senkte die EZB die Leitzinsen erstmals wieder.