Nach Ita-Übernahme Lufthansa sieht Chancen vor allem außerhalb Deutschlands


Trotz Rekordumsatzes muss die Lufthansa einen Gewinneinbruch verkraften. Bessere Geschäfte will der Konzern künftig noch mehr im Ausland machen, denn auf dem Heimatmarkt stapeln sich die Probleme.
Die Lufthansa verlagert ihr Geschäft zunehmend ins Ausland. Im laufenden Jahr werde der Konzern auf dem deutschen Heimatmarkt weniger als 20 Prozent seines Umsatzes erzielen, sagt Vorstandschef Carsten Spohr. Die Erlöse des größten Luftverkehrskonzerns Europas sollen 2025 einschließlich der neuen italienischen Beteiligung Ita um rund 14 Prozent auf rund 43 Milliarden Euro wachsen.
Auf dem Heimatmarkt, der aktuell noch für ein Viertel des Umsatzes steht, machen weiterhin hohe staatlich verursachte Kosten und streikfreudige Gewerkschaften dem Kranich-Konzern das Geschäft schwer.
Der Lufthansa-Chef kritisiert die jüngsten Verdi-Streiks im Öffentlichen Dienst, die auf die Flughäfen in Köln, Düsseldorf und München ausgeweitet wurden. Der Luftverkehr habe damit eigentlich nichts zu tun. „Unsere Branche wird für Arbeitskämpfe instrumentalisiert.“ Ein überarbeitetes Streikrecht sei ebenso überfällig wie konkrete Entlastungen bei Steuern und Gebühren.
Lufthansa kann in anderen Regionen wachsen
„Wenn nichts passiert, wird Deutschland im europäischen Vergleich abgehängt“, sagt Spohr. Das gelte zuerst für wirtschaftlich wichtige Regionen wie Paderborn oder Friedrichshafen, die zunehmend schlechter international angebunden seien.
Als Exportnation könne sich Deutschland das nicht leisten und müsse sich wieder auf seine Stärken besinnen. „Für Lufthansa ist das verkraftbar, wir wachsen dann woanders.“ Aber natürlich bleibe der deutsche Markt relevant.
Ita schnell in der Gewinnzone
Zusätzlichen Schub verspricht sich der Vorstand von der Übernahme der italienischen Staatsfluglinie Ita. „Es ist die größte Airline-Übernahme in unserer Geschichte.“ Die Lufthansa war erst vor wenigen Wochen nach langem Ringen mit einem Minderheitsanteil von 41 Prozent bei Ita eingestiegen und will die Nachfolgerin der früheren Alitalia in den kommenden Jahren komplett schlucken. Ita soll schon im laufenden Jahr zum Konzernergebnis beitragen.
Bereit zu weiteren Übernahmen
Für weitere Übernahmen sieht Spohr sein Unternehmen gut aufgestellt. Längst habe sich der frühere Nachteil einer fehlenden Metropole in einen Vorteil verwandelt, weil der Konzern leichter andere Gesellschaften integrieren könne als die Konkurrenz.
Der MDax-Konzern betreibt Airlines in Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien und ist seit der Ita-Übernahme auch in Italien stark vertreten. Das werde auch in Lissabon und Madrid genau beobachtet, meint Spohr. Dort suchen die Airlines TAP und Air Europa Anschluss an größere Airline-Gruppen. Die EU-Kommission müsse die Übernahmen kleinerer Gesellschaften erleichtern, forderte der Manager.
Streiks, höhere Kosten und gesunkene Ticketpreise haben der Lufthansa 2024 einen herben Gewinnrückgang eingebrockt. Die Kernmarke Lufthansa Airlines schrieb im Tagesgeschäft sogar rote Zahlen, während alle anderen Gesellschaften einschließlich der Technik und der Frachttochter Lufthansa Cargo Gewinne machten.
Konzernweit brach der operative Gewinn vor Sonderposten deshalb um über eine Milliarde auf rund 1,65 Milliarden Euro ein. Im gut angelaufenen Jahr 2025 strebt der Vorstand eine „deutliche“ Verbesserung an.
Sanierung der Kernmarke
Insbesondere bei der flügellahmen Kernmarke Lufthansa soll es wieder besser laufen. Schon im vergangenen Jahr hatte Spohr ein Sanierungsprogramm vorgestellt, das den operativen Gewinn bis zum Jahr 2028 um 2,5 Milliarden Euro heben soll. Erste Auswirkungen soll es schon 2025 geben. Im kommenden Jahr will er dann eine Verbesserung um 1,5 Milliarden erreichen.
Schädliche Zölle
Mit Blick auf die Handelsstrategie der USA unter Präsident Donald Trump sieht der Lufthansa-Chef Risiken für die Branche. Flugzeuge und Teile könnten sich verteuern, das Frachtgeschäft zurückgehen. „Zölle sind für den Welthandel abträglich“, sagt er. Umso wichtiger seien Begegnungen über den Atlantik hinweg, die der Luftverkehr ermögliche.
Die anhaltenden Probleme im Asienverkehr dürften sich nach seiner Einschätzung erst ändern, wenn auch europäische Airlines den russischen Luftraum wieder nutzen könnten. Derzeit spielen die Konkurrenten aus China und dem arabischen Raum ihren Vorteil aus, dass sie kürzere Routen fliegen können.
Angebot geringer als vor Corona
Im vergangenen Jahr beförderten die Konzern-Airlines wie Lufthansa, Swiss, Austrian und Eurowings 131 Millionen Passagiere und damit sieben Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Unter dem Strich blieb konzernweit ein Überschuss von knapp 1,4 Milliarden Euro und damit 18 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Aktionäre sollen dennoch eine unveränderte Dividende von 30 Cent je Aktie erhalten.
Von ihrem Flugangebot aus der Zeit vor der Corona-Pandemie ist die Lufthansa indes noch ein ganzes Stück entfernt. 2024 lag die angebotene Kapazität noch rund neun Prozent niedriger als im Jahr 2019. Im laufenden Jahr will Spohr das Sitzplatzangebot um rund vier Prozent ausweiten - was dann etwa 95 Prozent des Vorkrisen-Niveaus entspräche.