Koalition Steuererhöhungen als schwarz-rote Krisenoption

dpa
|
Von dpa
| 19.04.2025 01:24 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
CDU-Chef Merz und SPD-Chef Klingbeil schließen Steuererhöhungen nicht für immer aus. (Archivbild) Foto: Michael Kappeler/dpa
CDU-Chef Merz und SPD-Chef Klingbeil schließen Steuererhöhungen nicht für immer aus. (Archivbild) Foto: Michael Kappeler/dpa
Artikel teilen:

Die generelle politische Ansage ist deutlich: Die Regierungspartner in spe wollen die Steuern nicht erhöhen. Doch ewige Garantien auch für alle Notfälle formulieren CDU und SPD nicht.

Die künftige schwarz-rote Koalition will ohne Steuererhöhungen auskommen – für mögliche Krisenlagen bleibt die Option aber prinzipiell offen. „Das vorderste Ziel bleibt, dass wir Deutschland und Europa stark machen und dass wir dafür auch die finanziellen Mittel haben“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er fügte jedoch hinzu: „In turbulenten Zeiten kann man nichts grundsätzlich ausschließen, sonst legt man sich unnötig Fesseln an.“ Auch der CDU-Vorsitzende und wohl künftige Kanzler Friedrich Merz hatte Steuererhöhungen nicht kategorisch ausgeschlossen.

Klingbeil sagte: „Die Vereinbarung lautet: keine Steuererhöhungen. Aber ich habe in der Ampelkoalition erlebt, was es bedeutet, wenn man sich finanziell festgemauert hat.“ Er erwarte immer eine Offenheit, in der Koalition über die aktuelle Lage und über notwendige und sinnvolle Dinge zu reden.

Merz hatte kürzlich in der ARD gesagt: „Wir haben einen Koalitionsvertrag, und da steht keine Steuererhöhung drin, es wird auch keine geben.“ Zugleich gelte: „Man soll nie „nie“ sagen. Wir wissen nicht, was auf dieser Welt noch passiert.“

„Im Haushalt ist nicht Jahrmarkt“

Klingbeil spielte auf diese Aussage an. Er habe zur Kenntnis genommen, „dass Friedrich Merz öffentlich gesagt hat, dass man Steuererhöhungen nicht für alle Zeit ausschließen kann. Insofern gilt, dass wir die finanzielle Situation immer wieder neu bewerten werden.“

Der SPD-Chef, der als möglicher Finanzminister gehandelt wird, betonte zugleich: „Im Haushalt ist nicht Jahrmarkt. Wir müssen Prioritäten setzen: Die Wirtschaft ankurbeln und die Fleißigen in den Mittelpunkt rücken, damit sich Anstrengung lohnt – ob im Job, in der Familie oder in der Integration. Und Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen ermöglichen.“

In der Debatte um Steuererhöhungen geht es in der Regel um Mehrbelastungen für Reiche und Vermögende, etwa durch eine höhere Erbschaftsteuer oder eine Vermögensteuer. Die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen will die Koalition zur Mitte der Wahlperiode senken – aber auch das gilt nicht als fix.

Linke für „gerechte Besteuerung des Geldadels“

Von der Opposition kam Kritik. Linke-Fraktionsgeschäftsführer Christian Görke warf der SPD vor, trotz eines total „überbuchten“ Koalitionsvertrags die Option einer Steuererhöhung geräumt zu haben. „Die Sozialdemokratie hat für den Eintritt in das neue Regierungsbündnis das Ziel einer gerechten Besteuerung des deutschen Geldadels einfach über Bord geworfen.“ Dabei wäre dies eine zentrale Stellschraube, um Geld für wichtige Investitionen einzunehmen.

CSU-Chef Markus Söder unterstrich in der „Augsburger Allgemeinen“, alle Pläne von Steuererhöhungen seien vom Tisch. „Steuern runter und nicht rauf, das ist die Devise!“ Nach Sonderabschreibungen für Firmen über drei Jahre solle die Unternehmenssteuer gesenkt werden. Mittlere und untere Einkommen sollten entlastet werden – auch mittelständische Betriebe, die nicht von der Körperschaftsteuer betroffen sind. Das gehe nicht sofort. „Dazu brauchen wir wieder wirtschaftliches Wachstum, damit wir das Geld für Entlastungen haben.“

Der Bund der Steuerzahler forderte, kleine und mittlere Einkommen deutlich zu entlasten. Es sei nicht sinnvoll, „über einen Mindestlohn von 15, 16 Euro nachzudenken, wenn auf der einen Seite dieser Lohn kommt und auf der anderen Seite die Einkommensteuer diesen Effekt wieder wegfrisst“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel im Deutschlandfunk. Dass dem künftigen Bundeskabinett 17 Ministerinnen und Minister angehören sollen, halte er im Sinne einer guten Sparpolitik für ein schlechtes Beispiel.

Dauerbrenner Mindestlohnerhöhung

Zu einer Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 12,82 Euro pro Stunde, die eine SPD-Kernforderung im Wahlkampf war, sagte Klingbeil: „Ein Mindestlohn von 15 Euro wird 2026 erreicht, wenn die Mindestlohnkommission sich selbst ernst nimmt und umsetzt, was in ihrer Geschäftsordnung steht.“ Das Gremium aus Sozialpartnern und Wissenschaftlern gibt laut Gesetz Empfehlungen zu Erhöhungen und orientiert sich unter anderem an der Tariflohnentwicklung.

CSU-Chef Söder sagte dazu: „Die Höhe wird von einer unabhängigen Kommission festgesetzt, aber die 15 Euro scheinen erreichbar.“ Der bayerische Ministerpräsident wies zugleich auf andere Entlastungen hin: „Als Ausgleich haben wir auf meine Intervention hin vereinbart, dass für Saisonarbeitskräfte in Branchen wie dem Tourismus oder der Landwirtschaft 90 statt wie bisher 70 Tage von der Sozialversicherungspflicht befreit werden. Zudem wird die Arbeitszeit maximal flexibilisiert“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.

Ähnliche Artikel