Schule
Abi 2021: Durchhalten statt durchfallen

Trotz Corona wird auch in diesem Jahr das Abitur geschrieben. Vieles ist anders und einiges schwieriger. Probleme beim Lernen gibt es in Ostfriesland eher weniger, dafür hakt es in anderen Bereichen.
Ostfriesland – „Mein Schulleben ist jetzt einfach vorbei“, sagt die 18-jährige Ayleen Buttjer. Sie ist Schülerin am Albrecht-Weinberg-Gymnasium in Rhauderfehn, hatte ihren letzten Unterrichtstag am 26. März und schreibt, wie viele Hunderte Schüler in Ostfriesland, in den kommenden Monaten ihre Abiturprüfung. Es wird ein außergewöhnliches Abitur, vor allem wird es außergewöhnlich traurig. „Wir hatten eigentlich so viel geplant. Eine Mottowoche, einen Abistreich, eine Feier und eine Abschlussfahrt. Das alles wird es nicht geben“, sagt Buttjer. Durch Corona ist alles anders: das Lernen in der Gemeinschaft, die Regeln bei der Prüfung, der Abschied von Freunden und Schulkameraden.
Früh stand fest: Ein Abitur soll es trotz Corona auch in 2021 geben. Immer wieder hatte es Erlasse vom Kultusministerium gegeben, die das Abi 2021 regeln sollten. Sie wurden überarbeitet, ergänzt oder ersetzt. „Es ist gar nicht so einfach, da hinterherzukommen, aber wir hoffen, dass jetzt endgültig alles steht“, sagt Stefan Störmer. Er unterrichtet am Teletta-Groß-Gymnasium in Leer und ist Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
So sehen die neuen Regeln aus

Ab dem 19. April geht es mit den Prüfungen los. Die grundlegenden neuen Regeln fürs Abi 2021, neben Abstands- und Hygieneregeln, sehen wie folgt aus:
- Das vierte Halbjahr ist in den meisten Fächern nicht prüfungsrelevant.
- Es gibt einen zusätzlichen Auswahlvorschlag für die schriftlichen Prüfungskurse, wobei die Auswahl im Vorfeld von der unterrichtenden Lehrkraft und nicht von den Schülern getroffen wird. (Beispiel: Die Lehrkaft wählt aus drei Vorschlägen aus, von denen sie dann zwei den Schülern zur Verfügung stellt.)
- Der Fachprüfungsausschuss wird von drei auf zwei Personen reduziert, die Benotung durch die Fachprüfungsleitung entfällt.
- Alle Prüfungsaufgaben wurden im Kultusministerium noch einmal auf ihre Situationsangemessenheit geprüft.
- Schulen hatten die Möglichkeit, dezentrale Prüfungen zu beantragen, wenn es zu mehr Schließzeiten durch Infeketionen gekommen war.
Zeit für dezentrales Abi war zu knapp
In Ostfriesland gibt es nur wenige Schulen, die die Bedingungen für ein dezentrales Abitur erfüllt haben, also für Prüfungen, die nicht zentral vom Kultusministerium sondern von der eigenen Schule erarbeitet werden. Eine davon ist das Johannes-Althusius-Gymnasium in Emden. „Ich hatte die Fachgruppen gebeten, das zu besprechen“, sagt Oliver Damm, Leiter der Schule. Doch schnell habe der Entschluss festgestanden: Ein dezentrales Abitur ist in der Kürze der Zeit nicht durchzuführen.
Bis zum 3. Februar hätten Schulen diese Entscheidung treffen können, danach hätten sie mehrere Prüfungsvorschläge erarbeiten und an das Kultusministerium schicken müssen. „Das war alles viel zu eng gestrickt. Früher, vor der Einführung des Zentralabis, haben wir bereits in den Weihnachtsferien mit der Vorbereitung angefangen “, sagt Stefan Störmer. Kein Gymnasium aus Ostfriesland, mit dem diese Zeitung gesprochen hat, hätte sich für ein dezentrales Abitur entschieden.
Änderungen kommen gut an
Gerold Lienemann, Schulleiter der Berufsbildenden Schulen 1 in Leer, die auch einen gymnasialen Zweig haben, findet die restlichen neuen Regeln gut: „Das hilft uns schon sehr.“ Auch Dr. Johannes Kisch, Leiter der Sekundarstufe 2 an der Freien Christlichen Schule Ostfriesland, sieht die Änderungen positiv. „Es sind gute Anpassungen, das Niveau der einzelnen Aufgaben ist nicht betroffen, aber wir als Schule haben trotzdem einen freieren Umgang mit den Prüfungsthemen.“
Ayleen Buttjer sieht das etwas anders. „Bei uns ist es sicherlich ein Einzelfall, aber in einem Prüfungskurs hat zwischen dem zweiten und dem dritten Semester die Lehrkraft gewechselt. Die neue Lehrerin muss nun die Prüfungsaufgabe für uns auswählen, weiß aber gar nicht so genau, was wir im ersten und zweiten Semester gemacht haben.“ Auch die Ausklammerung des vierten Semesters sehe ihrer Meinung nach nur auf den ersten Blick gut aus. „In den meisten Fällen macht man im vierten Semester sowieso keinen neuen Stoff mehr, sondern es gibt hauptsächlich Wiederholungen“, sagt Buttjer.
Probleme im sozialen Bereich
Die 18-Jährige mache sich aber ohnehin fachlich keine großen Sorgen, die Vorbereitungen hätten trotz der Umstände gut geklappt. „Das mit dem Stoff kriegen wir irgendwie hin“, sagt die Schülerin, auch wenn geplante Treffen von Lerngruppen außerhalb der Schule nicht stattfinden durften. „Der Abijahrgang konnte ja trotzdem weiter zur Schule gehen – wenigstens das war gut“, sagt sie. Das schwierigste sei allerdings das Durchhalten. „Man weiß ja gar nicht, wann es wieder normal wird. Man darf sich nicht mit Freunden treffen, kann am Wochenende nicht weggehen, nicht mal Fußball darf man spielen“, sagt die 18-Jährige. „Mein Tag besteht eigentlich nur aus Lernen und Schlafen.“
Darin sieht auch Birthe Flathmann, Leiterin des Gymnasialzweigs an der KGS Wittmund, ein großes Problem. „Auch, wenn man fachlich alles wieder aufholen kann, das soziale Lernen findet nicht statt.“ Bei den diesjährigen Abiturienten mache sie sich da nicht so große Sorgen. „Aber für die Kleinen, zum Beispiel für die Fünftklässler, die sich noch gar nicht in ihrem Klassengefüge finden konnten, für die ist das schlimm“, so die Lehrerin.
Auch Stephan Hinrichs, Leiter der Oberstufe an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Aurich, sieht die Schwierigkeiten eher nicht bei den Abiturienten. „Es sind ganz besondere Bedingungen, die Jahrgänge 10 und 11 hatten sehr viele Ausfälle. Ihr Abitur müssen sie trotzdem in den nächsten Jahren schreiben.“